Psychotherapeutische Praxis

 

Wartezeiten in psychotherapeutischen Praxen sind lang und dann ist es sehr schwierig, die richtige kompetente Hilfe zu finden. Häufig begeben sich die Betroffenen auf eine lange Suche bis endlich eine Therapeutin oder ein Therapeut gefunden wurde, der sich auch wirklich mit Zwangserkrankungen auskennt -  die sogenannte therapeutische Odyssee bei Zwangserkrankungen.

Der Weg zur Bewältigung einer Zwangserkrankung ist oft ebenfalls lang und geht oft über die zeitliche Dauer einer Therapie hinaus. Der Vorteil einer Selbsthilfe Gruppe besteht darin, dass sich Menschen gegenseitig solange bei der Bewältigung ihrer Zwangserkrankung unterstützen können, wie es für die Bewältigung erforderlich ist. Die übliche Scham bei Zwangserkrankung fällt sofort ab, weil alle Teilnehmenden mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben.

Wir schlagen hier ein Modell von Selbsthilfe Gruppen für Zwangserkrankungen vor, dass sich wesentlich vom Konzept anderer Selbsthilfegruppen unterscheidet. Wir nennen dieses Modell „Exponauten“:
 

            Wichtige Merkmale der "Exponauten"

1. Es werden ausschließlich Menschen mit einem eindeutigen Bekenntnis zur Exposition in der Gruppe aufgenommen. In einem Motivationscheck sichern sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Bekenntnis zur Exposition zu. Hinzu kommt eine Versicherung gegenseitiger Verlässlichkeit, Diskretion, Unterstützung und Offenheit. (siehe Therapie Tools). Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Selbsthilfe Gruppen mit klaren Zielen und Regeln erfolgreicher arbeiten, als Selbsthilfe Gruppen ohne ein klares Konzept. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer starten gemeinsam am selben Tag und geben der Gruppe die denkbar höchste Priorität gegenüber Hobbie, Urlaub, Arbeit und Familie. Eine gelegentliche Teilnahme ist ausgeschlossen, weil Sie ihre Zwänge nur in einer großen Anstrengung mit voller Konzentration auf Ihre Ziele bewältigen können.

2. Die „Exponauten“ sind eine expertengeleitete Selbsthilfe Gruppe. Das heißt: Start mit acht Terminen Gruppentherapie (Doppelstunden) mit Leitung durch einen erfahrenen Therapeuten (Ciupka-Schön oder eine andere kompetente Mitarbeiterin) finden im wöchentlichen Rhythmus für einen Zeitraum von 2 Monaten statt. In der Expertenphase werden die Therapietools, Gruppenstruktur und erste Expositionen erarbeitet. Nach dieser Expertenphase folgt die Phase als Selbsthilfe Gruppe. Der Therapeut verlässt die Gruppe, steht aber bei Bedarf zur Verfügung. Die Treffen der Exponauten finden weiter in dem gewohnten Rhythmus statt. Exposition, Austausch und Teilnehmer bleiben gleich. Wir werten es als ein gutes Ergebnis, dass alle sechs Exponauten Gruppen, die sich nach der Corona Pandemie gegründet haben, immer noch aktiv arbeiten.

3. Die meisten Selbsthilfe Gruppen funktionieren offen, das heißt es besteht keine Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme. Für Menschen, die sich noch orientieren wollen mag dies ein niederschwelliger und damit ausreichendes Angebot sein.
   Menschen, die wissen, was sie wollen und die genug von ihren Zwängen haben, sind wahrscheinlich bei den „Exponauten“ besser aufgehoben. Die „Exponauten“ sind eine geschlossene Gruppe, das heißt sie starten zum gleichen Zeitpunkt, bleiben auch so lange zusammen, wie die Gruppe besteht. Regelmäßige Teilnahme soll die Motivation und den Zusammenhalt stärken, es gibt keine Ablenkung vom Hauptziel der „Exposition“ durch Neuaufnahmen neuer Mitglieder o.ä.. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gleich, haben gleichen Kenntnisstand, gleiche Ziele, Rechte und Pflichten.
    

Erfahrungsbericht von Jerry, einem erfahrenen Exponauten: „Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Zwangsstörungen ist ein besonderer Schritt, den ich so in meiner Lebensplanung nicht auf dem Schirm hatte. Aber manchmal sind es die anderen - unbekannten - Pfade, die einen ans Ziel bringen und neue Seiten und Perspektiven aufzeigen. Mit der Teilnahme an der Selbsthilfegruppe bin ich so einen neuen, komplett unbekannten Weg eingeschlagen. Einerseits akzeptiert man, dass man Hilfe benötigt und andererseits geht man ein Commitment ein. Ein Commitment, die erforderliche Zeit einzuräumen, um an sich selbst zu arbeiten und anderen in der Gruppe mit Rat und Tat zur Seite zur Seite zu stehen. Auch dann, wenn es gerade nicht in die persönlichen Lebenspläne passt und eigentlich ein gemütlicher DVD Abend viel verlockender wäre. Anfänglich fühlt es sich seltsam an, über die eigenen Zwänge zu sprechen. Das Innere nach außen zu stülpen und mit „fremden“ Menschen darüber zu sprechen. Schnell merkt man jedoch, dass man nicht alleine ist und die gleichen Muster des Zwangs auch andere plagen. In unserer Gruppe haben wir beschlossen, dass Expositionen der Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen den Zwang sind. Passende Pläne für Expositionen sind zwar schnell aufgestellt, aber manchmal ist es gar nicht so leicht, die richtige Exposition zu finden. Insbesondere in diesen Momenten hilft die Arbeit in der Gruppe ungemein. Es hilft vor allem dabei, den Mut und die Willenskraft aufzubringen, die eigene Exposition zu planen und dann auch tatsächlich durchzuführen.